Stellungnahme des VBE NRW: „Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der Eigenverantwortung von Schulen

10.01.2022

Gesetzentwurf der Landesregierung "16. Schulrechtsänderungsgesetz“ 
sowie „Entwurf einer Verordnung zur Anpassung schulrechtlicher Vorschriften“ 

Der VBE NRW nimmt zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der Eigenverantwortung von Schulen (16. Schulrechtsänderungsgesetz)“ sowie zum „Entwurf einer Verordnung zur Anpassung schulrechtlicher Vorschriften“ wie folgt Stellung:  

Artikel 1 – Änderung des Schulgesetzes NRW 

§ 2 (2) – Die Ausführungen sind aus Sicht des VBE NRW in einigen Formulierungen nicht mehr zeitgemäß und geben so die Grundlagen für den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule nur unzureichend wieder.
Der VBE NRW weist darauf hin, dass in Anbetracht der globalen Herausforderungen der Fokus auf Europa nicht ausreicht. Auch die vorhandene Formulierung „in Liebe (...) zur Völkergemeinschaft“ wird den Anforderungen unserer Zeit nicht gerecht. Der VBE NRW fordert eine Änderung, welche die Rolle der Menschen als Weltbürgerinnen und Weltbürger betont, indem die globale Verantwortung (beispielsweise in Bezug auf das Konsumverhalten) und die Vernetzung der Welt in den Vordergrund gerückt werden.
Ebenso schlägt der VBE NRW vor, den Beginn des Absatzes 2 zu ergänzen durch den Bildungs- und Erziehungsauftrag „Akzeptanz der Religionsfreiheit und Respekt vor dem Glauben anderer“. Eine solche Aussage trifft in höherem Maße die Lebenswirklichkeit der Menschen. 

§ 2 (4); (6) Nr. 9 – Ebenso ist es aus Sicht des VBE NRW zu begrüßen, den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule um die Aussagen zu den erforderlichen Kompetenzen in einer digitalen Welt zu erweitern. (Hier weist der VBE NRW aber deutlich darauf hin, dass die in § 2 (4) verwendete Begrifflichkeit der „digitalisierten Welt“ aus seiner Sicht nicht korrekt verwandt wird. Auch hier sollte die Formulierung der „digitalen Welt“ oder der „Digitalisierung“ verwandt werden. Ansonsten wird der Eindruck vermittelt,  dass die gesamte Welt digitalisiert ist, was nicht der Realität entspricht.) Die Arbeitswelt, für die Schülerinnen und Schüler ausgebildet werden, wird sich in den kommenden Jahren deutlich verändern. Digitale Prozesse werden immer mehr den Arbeitsalltag prägen. 
Dieses wird in einer Form geschehen, die aktuell noch nicht in ihrer gesamten Tragweite abschätzbar ist. Umso mehr ist es notwendig, den Schulalltag so zu gestalten,  dass Schülerinnen und Schüler die Kompetenzen erwerben, um zukünftige Anforderungen der Digitalisierung bewältigen zu können, Chancen gestalten und ergreifen, aber auch Risiken einschätzen zu können. Der Medienkompetenzrahmen NRW bildet hierfür die entsprechende Grundlage. Es muss zum Standard aller Schulen in NRW gehören, Kinder und Jugendliche zu einem verantwortungsvollen und sicheren Umgang mit verschiedenen Medien zu befähigen. 
Der VBE NRW weist aber auch ausdrücklich darauf hin, dass die Landesregierung gefordert ist, dafür zu sorgen, dass alle Schulen in NRW diesen Bildungs- und Erziehungsauftrag umsetzen können. Hierzu gehören die umfassende technische Ausstattung der Schulen, des gesamten Personals und der Schülerinnen und Schüler sowie der dringend notwendige Support der Geräte, der nicht von Lehrkräften geleistet werden kann, und ein umfassendes Angebot von gezielten Fortbildungen. 

§ 2 (10) – Die Nutzung des Begriffs der „Herkunftssprache“ ist wissenschaftsadäquat. 

§ 3 – Der VBE NRW begrüßt grundsätzlich, dass es gesetzlich grundgelegt wird, den Schulen zu ermöglichen, über das Schulprogramm hinaus, ein eigenes Schulprofil zu entwickeln. So erhalten die Schulen die Möglichkeit, in eigener Kreativität, eigene Ideen und pädagogische Konzepte zu entwickeln und so eine besondere Gesamtkonzeption auszuweisen. In der Schulpraxis ist dieses Vorgehen oft bereits gelebte Realität. 
Durch die vermehrte Umsetzung der gesetzlichen Änderung wird jedoch besonders deutlich werden, dass die Schulen in NRW unter teilweise völlig unterschiedlichen Voraussetzungen arbeiten müssen. Schulen z.B. mit einem hohen Mangel an ausgebildeten Lehrkräften und qualifiziertem pädagogischen Personal, renovierungsbedürftigen und/oder fehlenden Räumlichkeiten und Sportstätten, einem schwach aufgestellten Förderverein und/oder fehlenden Schulleitungen benötigen in der Regel ihre gesamte Kraft und Zeit, den Regelbetrieb im Sinne der Kinder und Jugendlichen möglichst gut aufrechtzuerhalten. Die Corona-Pandemie hat noch einmal besonders hervorgehoben, wie divers die Rahmenbedingungen der Schulen in NRW sind. Die Landesregierung ist aus Sicht des VBE NRW vor allem gefordert, deutliche Schritte zu gehen, alle öffentlichen Schulen in NRW mit angemessenen Ressourcen auszustatten. 

§ 6 – Es ist stimmig, dass die Angabe der Schulstufe im Regelfall entbehrlich ist. 

§ 8 – Es ist zu begrüßen, dass der Einsatz digitaler Lehr- und Lernsysteme sowie digitaler Kommunikationsplattformen wie LOGINEO NRW nun gesetzlich verankert werden. 
Durch die besondere Situation durch die Corona-Pandemie, die einen schnellen Einstieg in das digitale Lernen erforderlich machte, arbeiten die Schulen mit unterschiedlichen Lehr- und Lernsystemen sowie Arbeits- und Kommunikationsplattformen. Der VBE begrüßt, dass es den Schulen durch diese gesetzliche Verankerung weiterhin ermöglicht wird, ihre eingeführten Systeme zu nutzen, weist aber ausdrücklich darauf hin, dass die Kollegien Unterstützung durch einen Support von außen benötigen und eine deutliche Entlastung. Ein erster Schritt sollte es sein, dass die eine Stunde Entlastung, die den Kollegien für die Pflege von LOGINEO NRW zusteht, allen Schulen zugestanden wird.  

§ 11 – Der VBE NRW begrüßt, dass die Eltern auch zukünftig darüber entscheiden, welche weiterführende Schule ihr Kind im Anschluss an die Klasse 4 der Grundschule besuchen wird. Außerdem begrüßt der VBE NRW die gesetzliche Grundlegung, dass Eltern, die ihr Kind an einer weiterführenden Schule anmelden wollen, für die das Kind  keine und auch keine eingeschränkte Empfehlung hat, an einem Beratungsgespräch der weiterführenden Schule teilnehmen.  

§ 12 – Die Änderung der Bezeichnung von Abschlüssen in der Sekundarstufe I ist aus Sicht des VBE NRW folgerichtig und nach einer Übergangsphase der Gewöhnung sicherlich zielführend. Eine Vereinheitlichung der Bezeichnung der Abschlüsse auf Bundesebene ist zu begrüßen. Nach Meinung des VBE NRW sollten Bildungsabschlüsse grundsätzlich nicht nach Schulformen benannt sein.  

§ 18 – Hierbei handelt es sich um eine rein praktische Änderung, die aus Sicht des VBE NRW folgerichtig ist.  

§ 21 – Die neue Begrifflichkeit der „Klinikschule“ ist zu begrüßen. 

§ 25 (3) und (5) – Hier handelt es sich um eine Ausschärfung des gegebenen Anwendungsbereichs, der den Schulen eine erweiterte Selbstständigkeit ermöglichen soll und durch die aufgeführte Klarstellung der möglichen Abweichungen von einzelnen Regelungen der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen gem. § 52 somit größere Rechtssicherheit schafft. Das begrüßt der VBE NRW vom Grundsatz her. Es ist weiterhin gewährleistet, dass die Standards der Abschlüsse den an anderen Schulen erworbenen Abschlüssen und Berechtigungen entsprechen. 
Der VBE NRW begrüßt auch, die in § 25 (5) eröffneten Möglichkeiten. Dies kann die Schulen in ihrer Selbstständigkeit stärken, da sie ihre Vorhaben im Bereich der Schulentwicklung perspektivisch ausrichten und planen können. Die erforderliche regelmäßige Evaluation der Erprobungsvorhaben und die jährliche Berichterstattung gegenüber der Schulaufsicht gewährleisten, dass die Arbeit der Schulen in diesen Erprobungsvorhaben unter rechtlichen und pädagogischen Gesichtspunkten auf der Grundlage des Schulgesetzes verankert sind und bleiben. Dennoch weist der VBE NRW darauf hin, dass auf diese Weise ein neues Prinzip in der Unterrichts- und Schulentwicklung etabliert wird unter dem Titel „Schule mit erweiterter Selbstständigkeit“. Wenn aber eine „Schule mit erweiterter Selbstständigkeit“ erfolgen soll, kann das aus Sicht des VBE NRW nur heißen, dass allen Schulen die dafür notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden müssen, um das Schulsystem in NRW auch an dieser Stelle möglichst im Gleichgewicht zu halten.

§ 38 – Hier handelt es sich um eine notwendige Anpassung. 

§ 42 – Der VBE NRW begrüßt und unterstützt jeden Schritt, der hilft, Gewalt und sexuellen Missbrauch zu verhindern. Die Schulen in NRW als zentrale Institutionen unserer Gesellschaft sind in diesem Bereich eine entscheidende Schnittstelle. Daher ist es notwendig, die Schulen so aufzustellen, dass sie auf der einen Seite präventiv gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch arbeiten und auf der anderen Seite befähigt sind, Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen schnell zu erkennen und die notwendigen Schritte zum Schutz der betroffenen Kinder und Jugendlichen zu unternehmen. Das kann aus der Sicht des VBE NRW dann effektiv und zielführend gelingen, wenn für alle schulischen Institutionen gut grundgelegte Konzepte in Kooperation aller in Schule Tätigen, der Erziehungsberechtigten, der Schülerinnen und Schüler, der Jugendhilfe und der Schulpsychologie vorliegen und umgesetzt werden können.
Daher fordert der VBE NRW: 
• Einen vorliegenden Handlungsrahmen und eine Grundkonzeption für die Erstellung des Konzepts (z.B. Verhaltensempfehlungen, festgelegte Verantwortlichkeiten, Aufführung der Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, Hinweise auf erfolgreiche Projekte). 
• Das Bereitstellen der personellen Ressource, hier insbesondere sozialpädagogische Kompetenz und Schulsozialarbeit in jeder Schule sowie Schulpsychologinnen und Schulpsychologen. 
• Die Ausweitung der Familiengrundschulzentren und die Einrichtung von Familienschulzentren im Bereich der weiterführenden Schulen.
• Das Bereitstellen von zeitlicher Ressource zur Erarbeitung des Konzepts. 

Der VBE NRW sieht es als eine sinnvolle Möglichkeit an, dass dien Bildungsbüros in diesem Bereich eine koordinierende und unterstützende Aufgabe übernehmen. Die Bildungsbüros könnten die verschiedenen Akteure und Verantwortlichen in Kreisen und Kommunen zusammenführen, so dass die präventive Arbeit und der professionelle Umgang mit Fällen von Gewalt und sexuellem Missbrauch auf eine breite Handlungsbasis gestellt werden würde.  

§ 51 – Hierbei handelt es sich um eine rein redaktionelle Änderung. 

§ 53 – Der VBE NRW begrüßt die Änderungen der Regelungen zur Erweiterung der Zuständigkeiten. Es ist, aus rechtlicher und aus praktischer Sicht, sinnvoll, zuständige Teilkonferenzen für Schulstufen, Bildungsgänge oder Abteilungen bilden zu können. Ebenso begrüßt der VBE NRW die  gesetzliche Verankerung der Vertretungsmöglichkeit eines jeden Mitglieds der Teilkonferenz. Durch diese Änderung werden einerseits die Schulleitungen und Lehrkräfte entlastet, andererseits wird die Durchführung der Teilkonferenzen erleichtert. 

§ 65 – Die Schulkonferenz ist das höchste Gremium einer Schule, welches in besonderem Maße für die Mitwirkung und Partizipation von Erziehungsberechtigten und Schülerinnen und Schülern (in weiterführenden Schulen) steht. Daher ist es für den VBE NRW folgerichtig, dass die aufgeführten Änderungen im Bereich der Digitalisierung, der Erprobung neuer Modelle erweiterter Selbstverwaltung und Eigenverantwortung sowie erweiterter Selbstständigkeit als auch der Konzepte gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch im Rahmen der Rechts- und Verwaltungsvorschriften in die Entscheidungsbefugnisse der Schulkonferenz aufgenommen werden. Zudem weist der VBE NRW darauf hin, dass gerade im Zusammenhang mit der Einführung digitaler Plattformen außerhalb von LOGINEO NRW die Mitbestimmung zu regeln ist. 

§ 65 Abs. 2 Nr. 6 – In der Realität nutzen viele Schulen Plattformen, die nicht vom Schulträger bereitgestellt worden sind. Außerdem ist festzustellen, dass  Schulträger digitale Plattformen anschaffen und erwarten, dass die Schulen diese nutzen, häufig ohne  Gewährleistung  des notwendigen Datenschutzes. Von einem „Vorschlag“ kann demnach nicht  gesprochen  werden. Der VBE NRW mahnt an, dass es einheitliche landesweite  Verfahrensweisen für die Bereitstellung von Lehr- und Lernsystemen sowie Arbeits- und  Kommunikationsplattformen durch die Schulträger geben muss,  

§ 65 Abs. 2 Nr. 10 – Die Erprobung neuer Modelle erweiterter Selbstverwaltung und Eigenverantwortung sowie erweiterter Selbstständigkeit hat Auswirkungen auf alle Personengruppen einer Schule. Demnach ist es  richtig, dass bereits die  Anträge in diesem Bereich in den Aufgabenkatalog der Schulkonferenz aufgenommen werden. 

§ 65 Abs. 2 Nr. 14 – Ein Konzept gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch bedarf für eine gelingende Umsetzung einer möglichst großen Basis. Hierzu zählen in besonderer Weise die Schulgemeinschaften. Demzufolge gehört das Schutzkonzept in den Aufgabenkatalog der Schulkonferenz. 

§ 75 (3) – Aus Sicht des VBE NRW ist es notwendig, die Partizipation von Erziehungsberechtigten und von Schülerinnen und Schülern in den Schulen neu zu denken und aufzustellen. Der vorliegende Änderungsvorschlag kann hierfür ein erster Schritt sein, weitere Mitwirkungsmöglichkeiten zu eröffnen. Mitwirkung entfaltet in der Regel dann eine hohe Motivation, wenn sie nah an den eigenen Erfahrungen andockt und Wirksamkeit direkt erfahrbar ist.  

§ 75 (5) – Die Möglichkeit der Bildung von Teilschulpflegschaften ausschließlich an Teilstandorten ist aus Sicht des VBE NRW zu eng gefasst.
• Wenn Schulstandorte wegen zu geringer Schülerinnen- und Schülerzahlen nicht mehr eigenständig bleiben können, gehen sie oftmals in einen Schulverbund. Dieser besteht dann aus der Stammschule und dem Teilstandort. Es gibt auch Schulverbünde, die aus einer Stammschule und mehreren Teilstandorten bestehen. Der Verständlichkeit halber werden die folgenden Aufführungen für die Annahme eines Teilstandortes präzisiert.  
• Die Erfahrungen haben  gezeigt, dass es an vielen Orten sehr schwer ist, aus einer Stammschule und dem Teilstandort eine gemeinsame Schulgemeinschaft zu gestalten. Das liegt an verschiedenen Faktoren, besonders aber darin, dass Orte oder Stadtteile ihre Schule vor Ort behalten wollen. Um eine gemeinsame Verantwortung für einen Schulverbund an allen Standorten zu fördern, ist es notwendig, die Möglichkeiten der Mitwirkungsgremien genau zu fassen.  

➢ Für den VBE NRW stellt sich die Situation folgendermaßen dar: Wenn ein Teilstandort eine Teilschulpflegschaft einrichtet, muss es eine logische Schlussfolgerung sein, dass eine Stammschule ebenfalls eine Teilschulpflegschaft einrichten können muss, um aus Sicht der Stammschule beraten zu können. Anschließend müssten sich die gewählten Mitglieder beider Teilschulpflegschaften in der gemeinsamen Schulpflegschaft über die Themen beider Teilschulpflegschaften beraten und beschließen, welche Anträge an die Schulkonferenz gestellt werden. Auf diese Weise würde deutlich gemacht, dass die Beratungen in den Teilschulpflegschaften als Ziel eine Unterrichts- und Schulentwicklung als gemeinsame Aufgabe in einem Schulverbund haben. 

§ 78a – Es ist folgerichtig, für die regionalen Bildungsnetzwerke eine gesetzliche Grundlage zu schaffen. An vielen Orten haben sich die Bildungsnetzwerke etabliert und unterstützen die Schulen in den Kreisen und kreisfreien Städten bei der Umsetzung notwendiger Unterrichts- und Schulentwicklungsvorhaben. Die Arbeit und die Organisation der Bildungsnetzwerke sind grundgelegt und definiert durch die für die Errichtung notwendigen Kooperationsverträge. Notwendig ist der erfolgte § 78a (4), der deutlich aussagt, dass die Zuständigkeiten der Schulträger und  der staatlichen Schulaufsicht unberührt bleiben. 

§ 82 (5) – Der VBE NRW begrüßt die gesetzliche Änderung, die vorsieht, dass eine Sekundarschule  unter  bestimmten  Voraussetzungen  zweizügig  fortgeführt  werden  kann. 
Hierbei handelt es sich um die Umsetzung einer langjährigen Forderung des VBE NRW. 

§ 85 (2) – Der VBE NRW begrüßt die für die Berufung in den Schulausschuss erweiterte Möglichkeit. Für die Stärkung der Mitwirkung ist es folgerichtig, dass sowohl Mitglieder der  Schulpflegschaften  als  auch  der  Schülerinnen-  und  Schülervertretungen  in  den Schulausschuss berufen werden können. 

§ 87 – Es ist eine gängige und bewährte Praxis, dass die Schulaufsichtsbehörde Lehrkräfte im Rahmen ihres Hauptamtes als Fachberaterinnen und Fachberater berufen und zu ihrer Beratung und Unterstützung hinzuziehen kann.  
Die nun vorgesehene Änderung betrachtet der VBE NRW sehr kritisch.  
Zum einen wird nicht mehr ausschließlich von „Fachberaterinnen und Fachberatern“ gesprochen, sondern es findet eine Ausweitung auf „insbesondere Fachberaterinnen und Fachberater“ statt, die nicht konkret erläutert wird.  
Zum anderen wird durch die hier angestrebte gesetzliche Änderung mit einem Satz die Stellung und das Amt der Schulaufsicht grundsätzlich neu definiert. Bisher ist es einem bestimmten  Personenkreis  vorbehalten,  für  schulaufsichtliche  Tätigkeiten  benannt  zu werden und diese auszuführen. Das hat aus Sicht des VBE NRW seine Richtigkeit und sollte nicht aufgeweicht werden.  
Ein wesentlicher Teil der Aufgabe der Schulaufsicht besteht in der Begleitung und Beratung der Schulen. Die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner  in den Schulen sind in der Regel die Schulleitungen und die Schulleitungsteams. Um auf dieser Ebene effektiv und zielführend agieren zu können, ist es aus Sicht des VBE NRW eine Notwendigkeit, selbst über die Erfahrungen in der Schulleitung zu verfügen, um z.B. Arbeitsprozesse in den Schulleitungsteams und in den Schulen einschätzen zu können.  
Sollten in Zukunft „insbesondere Fachberaterinnen und Fachberater“ eine schulaufsichtliche Funktion wahrnehmen, wird das zu folgenden Schwierigkeiten führen: 
• Durch in der Schulaufsicht tätige Lehrkräfte entsteht eine neue Arbeitsebene, sowohl in den Schulämtern als auch in den Bezirksregierungen. Während aktuell die Schulaufsichtsbeamtinnen  und  Schulaufsichtsbeamten  die  Arbeit  der  Fachberaterinnen und Fachberater begleiten und koordinieren, würden diese nach der vorliegenden Gesetzesänderung absolut eigenständig arbeiten. Hier weist der VBE NRW auf die Gefahr hin, dass die Koordination der Arbeitsstrukturen in der Schulaufsicht sehr schwierig  werden  wird.  Wer  wird  die  notwendige  Transparenz  und  wichtigen  Absprachen zwischen den verschiedenen Personen und unterschiedlichen Arbeitsbereichen verantworten? Wie soll gewährleistet werden, dass alle in der Schulaufsicht tätigen Personen den gleichen Informationsstand haben und inhaltlich gleiche Informationen an die Schulen weitergeben werden?  
• Lehrkräfte, die eine hoheitliche Aufgabe von Schulaufsicht ausüben, werden  sehr schnell nachfragen, wie sich ihre Tätigkeit in ihrer Besoldung auswirkt. Die Ungerechtigkeit in der Besoldung und Bezahlung wird durch diese Maßnahme in einem weiteren Bereich mehr als augenfällig. 
• Es wird davon ausgegangen, dass die Lehrkräfte sich durch diese Gesetzesänderung deutlicher  wertgeschätzt  fühlen  und  die  Einheitlichkeit  von  Erarbeitungs-  und  Entscheidungsprozessen nicht mehr verkannt würde. Das mag aus Sicht des VBE NRW für einige Personen in diesen Funktionen zutreffen. Der VBE NRW weist aber darauf hin, dass es Lehrkräfte gibt, die die Funktion einer Fachberatung nur deshalb annehmen, da sie in einem Bereich arbeiten können, der sie in besonderem Maße interessiert, sie aber nicht die letztliche schulaufsichtliche Verantwortung tragen müssen.   

§ 91 – Die hier aufgeführte geplante Gesetzesänderung kann die Grundlage einer Verbesserung der Konnexität sein. Landeseinheitlich geregelte innere Geschäftsabläufe in der unteren Schulaufsichtsbehörde können positive  Auswirkungen auf eine landesweit gleichgerichtete Aufgabenwahrnehmung haben, so dass für die betroffenen Schulen eine höhere landeseinheitliche Transparenz gegeben ist. Das wird von der Umsetzung abhängig sein, die genau zu beobachten ist. 

§ 120 – Vom Grundsatz her begrüßt der VBE NRW die Schaffung einer bereichsspezifischen konkreten datenschutzrechtlichen Grundlage zur Verarbeitung personenbezogener Schülerinnen- und Schülerdaten beim Einsatz von Lehr- und Lernsystemen und Arbeits- und Kommunikationsplattformen einschließlich Videokonferenzsystemen.  
Dennoch stellen sich Fragen und Problematiken, die geklärt werden müssen. Die in der Begründung aufgeführte These, dass Schülerinnen und Schüler im Krankheitsfall auch online zum Unterricht hinzugeschaltet werden können, stellt ein Bild von Unterricht dar, das die Anforderungen moderner Pädagogik und Methodik völlig außer Acht lässt. Weiterhin werden von vielen Lernplattformen und auch im Bereich der Videokonferenzsysteme die Daten nicht in den Schulen verarbeitet, sondern an dritte Instanzen wie Unternehmen oder teilweise sogar Institutionen in anderen Staaten weitergegeben. Außerdem gibt es einen deutlichen Widerspruch. Wie soll angesichts des Einwilligungsvorbehaltes zu  Bild-  und  Tonaufnahmen  eine  verbindliche  Teilnahme  am  Distanzunterricht  mit  Bild und Ton umgesetzt werden? 

§  121  –  Vom  Grundsatz  her  begrüßt  der  VBE  NRW  ebenfalls  die  Schaffung  einer  bereichsspezifischen konkreten datenschutzrechtlichen Grundlage zur Verarbeitung personenbezogener Lehrkräftedaten beim Einsatz von Lehr- und Lernsystemen und Arbeits- und Kommunikationsplattformen einschließlich Videokonferenzsystemen. Aber hier muss ein Widerspruch aufgelöst werden. Aktuell gilt auf der einen Seite, dass Lehrkräfte zum Distanzunterricht verpflichtet werden können, auf der anderen Seite wird es der Freiwilligkeit der Lehrkräfte überlassen, ob sie LOGINEO nutzen. Aus Sicht des VBE NRW kann es keine langfristige Lösung sein, dass die Freiwilligkeit der Nutzung ausschließlich in der Dienstvereinbarung im Kontext mit LOGINEO NRW steht. 
Der vorletzte Satz in § 121 muss folgendermaßen geändert werden: „Die Einwilligungen nach Satz 3 und nach Satz 6 müssen freiwillig erteilt werden.“ 

§ 132b – Statt einer Verlängerung des Schulversuchs fordert der VBE NRW eine Entfristung des Versuchs, um allen Beteiligten an den betroffenen Standorten Sicherheit zu geben.  

Artikel 2 – Änderungen des Lehrerausbildungsgesetzes 

Zu den gesetzlichen Änderungen in § 11, § 16 und § 20 hat der VBE NRW keine Anmerkungen. 


Stefan Behlau 
Landesvorsitzender VBE NRW

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